So werdet ihr "Blutsgeschwister"

Gesunde Blutspender:innen versorgen mit ihrem Blut bis zu drei kranke Empfänger:innen – und werden über Blutsbande zu „Blutsgeschwistern“. Eine tolle Sache, findet Victoria. Aber können alle Menschen untereinander Blut austauschen? Das und mehr hat die Kinderreporterin im Gepräch mit Dr. Tobias Kautz, angehender Facharzt für Transfusionsmedizin, erfahren.

Victoria reitet und spielt Klavier – und verbringt gern Zeit mit Hündin Bonny.
Victoria reitet und spielt Klavier
Da ihre Mutter im UKE arbeitet, interessiert sie sich auch für medizinische Themen.
Sie interessiert sich auch für medizinische Themen

Victoria: Wann und wie wurde das Blutspenden erfunden?
Dr. Tobias Kautz: Im 17. Jahrhundert bekamen Tiere, vor 200 Jahren die ersten Menschen Blut von Tieren gespritzt. Es wurde angenommen, dass damit alle möglichen Krankheiten heilbar wären. Dass Menschen jedoch nur menschliches Blut vertragen, ist erst seit dem19. Jahrhundert bekannt.

Wie sind Sie in die Blutspende gekommen?
Über Umwege – nach meinem Realschulabschluss habe ich erst Masseur und medizinischer Bademeister gelernt, mein Abitur später nachgeholt und angefangen, Medizin zu studieren. Zunächst habe ich Menschen mit Nierenerkrankungen ärztlich versorgt, bevor ich 2022 in das Institut für Transfusionsmedizin und somit in die Blutspende gewechselt bin.

Warum ist Blutspenden wichtig?
Jeder Mensch kann einen Unfall haben oder erkranken. Da wir bisher Blut nicht künstlich herstellen und nur einen Teil des Blutverlusts über andere Flüssigkeiten ausgleichen können, sind wir auf Blutspenden angewiesen. Derzeit können noch recht viele jüngere Menschen 70- bis 80-Jährige, die die meisten Spenden benötigen, versorgen. Da wir aber immer älter werden, ohne dass genug Jüngere nachkommen, werden wir in Zukunft einen Mangel an Blutspenden haben.

Können alle Menschen beliebig untereinander Blut austauschen?
Leider nein. Das Blut wird in die Blutgruppen A, B, AB und 0 sowie in den Rhesusfaktor „Rh positiv“ bzw. „Rh negativ“ unterteilt. Gesunde Menschen ab 18 Jahren mit Blutgruppe „0 negativ“ können an Empfänger:innen aller Gruppen spenden, Menschen mit Blutgruppe „AB positiv“ dürfen Blut aller Gruppen empfangen. Alle anderen dürfen nur Blut der Gruppe 0 und ihrer eigenen erhalten, da kleinste Mengen Blut der falschen Gruppe zu Organversagen führen können.

Etwa 480 Milliliter Blut landen pro Spende im Beutel.
Etwa 480 Milliliter Blut landen pro Spende im Beutel
In einer Zentrifuge wird die Vollblutspende in rotes Blut, Blutplättchen und Plasma aufgeteilt und unterschiedlich gelagert
Die Vollblutspende
Victoria
Victoria war beeindruckt vom Ablauf in der Blutspende

Wie stellt der Körper Blut her, und woraus besteht es?
Das hängt vom Alter der Menschen ab: Im Mutterleib wird das Blut in den Organen Leber und Milz, später aus Knochenmark zum Beispiel im Brustbein oder im Oberschenkelknochen produziert. Blut besteht aus Blutflüssigkeit (Plasma) sowie - überwiegend aus roten Zellen, die Sauerstoff transportieren, aus weißen Zellen, die für die Immunabwehr wichtig sind, sowie aus Plättchen, die Aufgaben im Gerinnungssystem übernehmen.

Was passiert mit dem gespendeten Blut?
Mit dem roten Blut können wir etwa Menschen mit einem Sauerstoffmangel, mit dem Plasma und Plättchenkonzentrat Menschen mit Gerinnungsstörung versorgen. Menschen mit Krebs profitieren bei Bedarf von mehreren Produkten aus der Blutspende.

Fehlt den Spender:innen das Blut aus der Vollblutspende nicht?
Die fehlende Menge an gespendetem Blut kann der Körper – je nach Bestandteil – in einem Zeitraum von einem Tag bis zu drei Monaten ausgleichen. Wir raten Spender:innen im Anschluss an ihren Besuch bei uns dazu, viel zu trinken, sich auszuruhen und einen Snack zu sich zu nehmen. Frauen können im Abstand von drei Monaten, Männer im Abstand von zwei Monaten problemlos Blutspenden gehen.

Was ist das Besondere am Blutspenden im UKE?
Bei uns im UKE werden die Spender:innen engbetreut. Wer zu uns kommt, wird ärztlich untersucht. Wir analysieren das Blut und schauen, ob etwas auffällig ist. Die Spender:innen profitieren also von einem kostenlosen Gesundheits-Check-up. Alle unsere Blutspenden von gesunden Menschen kommen ausschließlich dem UKE zugute – 66 Prozent unseres Bedarfs können wir damit decken, den Rest beziehen wir zusätzlich etwa über das das Deutsche Rote Kreuz.



Hier gibt´s weitere Infos: www.blutsgeschwister.net

Noch ein paar Fakten zum Blut

  • Unser Blut besteht zu 55 Prozent aus Plasma, zu 45 Prozent aus Zellen
  • Jedes Produkt aus einer Vollblutspende wird unterschiedlich gelagert: Blutplättchenkonzentrate sind nur etwa vier Tage, Produkte aus roten Zellen bis durchschnittlich 40 Tage lang im Kühlschrank und Plasma tiefgefroren bis zu zwei Jahren lang haltbar
  • Hat ein Mensch über 20 Prozent seines Gesamtblutvolumens verloren, ist dies ein lebensbedrohlicher Zustand, der durch körpereigene Flüssigkeitsreserven in der Regel nicht mehr ausgeglichen werden kann. Die unmittelbare Versorgung mit verschiedenen Blutprodukten ist vor diesem Hintergrund besonders wichtig.

Text: Kathrin Thomsen, Fotos: Axel Kirchhof