Den Blick für die Diagnose schärfen

Jährlich erkranken rund 2000 Kinder und Jugendliche in Deutschland an Krebs. Dank verbesserter Therapien werden heute zwei von drei Kindern wieder gesund, bei Leukämien liegen die Heilungsraten sogar bei 90 Prozent.

Wiederkehrende Fieberinfekte, Erbrechen, Gelenkschmerzen – erste Anzeichen einer Krebserkrankung bei Kindern kommen häufig harmlos daher. „Die vagen Symptome machen es vielen Eltern schwer, frühzeitig zu erkennen, dass etwas Ernstes dahinterstecken könnte“, erklärt Kinderonkologin Dr. Escherich. Auch für niedergelassene Kinderärzt:innen sei die Erstdiagnostik oft herausfordernd. Welche Hinweise können Eltern helfen, einen harmlosen Infekt von einer möglichen bösartigen Erkrankung zu unterscheiden? „Wenn sich Kinder über einen längeren Zeitraum ungewöhnlich verhalten, Gelenke oder Knochen so schmerzen, dass der Alltag für sie nicht mehr zu bewältigen ist, rate ich zu weiterführenden Untersuchungen.“

Um den Krebs sicher zu entlarven, ist eine Gewebeprobe notwendig. Anhand dieser Probe lassen sich die bösartigen Zellen identifizieren und der jeweiligen Tumor-Unterform zuordnen. „Grundsätzlich erfordert die Krebsbehandlung im Kindesalter eine mehrmonatige, intensive Medikation“, sagt Dr. Escherich. Gegen Leukämien kommen passgenaue risikoadaptierte Chemotherapien, in seltenen Fällen auch Knochenmarktransplantationen, zum Einsatz. Die Behandlung erstreckt sich über zwei Jahre und umfasst eine klinische Intensivtherapie sowie eine anschließende Erhaltungstherapie, die zu Hause in Tablettenform verabreicht wird.

Mehr als neun von zehn Kindern können ihre Leukämie besiegen; Rückfälle sind selten. Doch die intensive, notwendige Therapie hat ihren Preis. „Wir schätzen, dass bis zur Hälfte der Patient:innen Spätfolgen erleiden, die sich im frühen Erwachsenenalter durch Herzmuskelschwäche oder Probleme des Skelettsystems äußern können.“ Ein Großteil dieser Spätfolgen lässt sich durch einen aufmerksamen und gesunden Lebensstil rechtzeitig erkennen und gut behandeln.


Text: Nicole Sénégas-Wulf, Foto: Anja-Kathrin Meyer