Körper formen
Körper formen
Begleitprogramm zur Sonderausstellung "Venusmaschine"
Ausgangspunkt der Veranstaltungsreihe „Körper formen“ sind Arbeiten der Künstlerin Kirsten Krüger, der das Medizinhistorische Museum Hamburg ab Mai 2023 eine Sonderausstellung mit dem Titel „Venusmaschine“ widmet. Ihre narrativen und abstrakten Arbeiten spielen mit der Imitation natürlicher Materialien und Formen.
Damit inspirieren sie auch zu Fragen nach der Verfasstheit des menschlichen Körpers. Im Dialog mit den Modellen und Exponaten des Museums verweisen die Arbeiten von Kirsten Krüger darauf, dass Körper nicht einfach gegeben sind, sondern dass sie durch Prozesse der Beschreibung, Abformung, Modellierung, Nachbildung hergestellt und hervorgebracht werden. Zugleich ist diesen Prozessen der Hervorbringung auch die Produktion von spezifischem Wissen über Körper eingeschrieben.
Von der chinesischen Praxis des „Füßebindens“ über die Pathologisierung von Tätowierten bis hin zur Gestaltung von Krankheitsbildern in der Moulage richtet die Reihe ihren Blick auf verschiedene Arten der Modellierung von Körpern und führt auf diese Weise Kunst und Literatur, historische Bildwissenschaft und medizinische Forschung zusammen.
Der Eintritt ist frei!
Vor den Veranstaltungen können die Dauerausstellung des Museums sowie die Sonderausstellung ab 17 Uhr kostenlos besichtigt werden.
Alle Termine in der Übersicht
Freitag, 12. Mai 2023, 19.30 Uhr
Eröffnung der Ausstellung „Venusmaschine“ mit Skulpturen der Künstlerin Kirsten Krüger. Begrüßung: Prof. Dr. Philipp Osten. Mit einer Einführung in die Ausstellung von Dr. Monika Ankele (Wien).
Mittwoch, 24. Mai 2023, 18 Uhr
Kartographierte Frauenkörper. Eponyme zur weiblichen Anatomie als medizinhistorisches Erbe.
Vortrag und Präsentation von Dr. Anna von Villiez und Christine Achtermann-Jones (Hamburg)
Als ehemals besondere Form der Ehrung bestehen Eponyme in der medizinischen Terminologie als Denkmäler fort. Begriffe wie das Tourette-Syndrom haben sich in die Alltagssprache eingeschrieben. Während schon länger um den Umgang mit Eponymen aus der NS-Zeit diskutiert wird, ist der Blick auf die weibliche Anatomie und die Frage nach der Berechtigung, diese nach männlichen Entdeckern zu benennen, noch neu. Anna von Villiez stellt die medizinhistorischen Debatten zum Umgang mit Eponymen in der Anatomie vor. Im Anschluss präsentiert Christine Achtermann-Jones ihr Kunstprojekt "Who the fuck is James Douglas?" zu diesem Thema.
Mittwoch, 21. Juni 2023, 18 Uhr
„Diagnose: Tätowierung“. Die Medikalisierung und Kriminalisierung von Tätowierten in der Wissenschaft am Beispiel der Sammlung Schönfeld.
Vortrag von Dr. Igor Eberhard, Lektor am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien
Tätowierungen sind mindestens genauso weit verbreitet wie ihr schlechter Ruf. Denn nach wie vor haften ihnen Vorurteile und negative Assoziationen an. Wissenschaftliche Sammelpraxen und Forschungen über Tätowierungen haben einen besonderen Beitrag zur Verfestigung dieser Stereotype geleistet – zum Teil mit fatalen Folgen. Am Beispiel der beinahe vergessenen Tattoo-Sammlung des Heidelberger Dermatologen und Medizinhistorikers Walther Schönfeld (1888-1977) zeigt Igor Eberhard auf, wie große Teile der Forschung im deutschsprachigen Raum das Bild von kranken, abnormen oder kriminellen Tätowierten mitgeschaffen haben.
Mittwoch, 5. Juli 2023, 18 Uhr
Abgeformt. Wächserne Körper zwischen Idealbild und Naturtreue.
Vortrag von Dr. Henrik Eßler, Kurator am Medizinhistorischen Museum Hamburg
Anatomische und pathologische Modelle werden in der Regel als objektive Bilder wahrgenommen. Nicht selten wurden diese jedoch von Bildenden Künstler:innen hergestellt, die nicht nur ihre eigene "Handschrift" in die Objekten einschrieben, sondern ästhetische und wissenschaftliche Vorstellungen ihrer jeweiligen Zeit. Anhand von Wachsmodellen spürt Henrik Eßler den wechselnden Paradigmen vom 18. bis ins 20. Jahrhundert nach.
Mittwoch, 11. Oktober 2023, 18 Uhr
Arbeit am Körper: Zur Modellierung eines eigensinnigen Materials.
Vortrag von Prof. Dr. Jasmin Mersmann, Professorin für Kunstgeschichte an der Kunstuniversität Linz
Turmschädel, gepiercte Ohren, gedehnte Lippen, gelängte Hälse, geschnürte Brüste, gebundene Füße: Befremdlich wirken vor allem die Körpermodifikationen anderer. Entsprechend enthalten zahlreiche anatomische Sammlungen Bilder, Abgüsse und Präparate modifizierter Körperteile. Der Vortrag untersucht ausgewählte Beispiele vor dem Hintergrund medizinischer, ethnographischer und politischer Diskurse zur Modellierung vor allem weiblicher Körper.
Mittwoch, 8. November 2023, 18 Uhr
Finissage und Künstlerinnengespräch in der Ausstellung „Venusmaschine“ mit Kirsten Krüger und Prof. Dr. Philipp Osten