Das sagen unsere Experten
Den Seltenen eine Stimme geben
Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leben mit einer seltenen Erkrankung, die meisten von ihnen sind Kinder und Jugendliche. Nach EU-Definition gilt eine Krankheit dann als selten, wenn weniger als fünf von 10 000 Menschen an ihr leiden. Im Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen finden Betroffene eine hochspezialisierte Anlaufstelle.
Bis Patienten mit einer seltenen Erkrankung eine Diagnose und damit eine adäquate Behandlung erhalten, vergehen oft mehrere Jahre. „Seltene Erkrankungen haben viele Gesichter. Manche Beschwerden können isoliert betrachtet zwar bekannten Krankheiten ähneln, ergeben in der Kombination jedoch keinen Sinn, was die Diagnose erschwert“, erläutert Priv.-Doz. Dr. Nicole Muschol, die die Spezialambulanz für Lysosomale Speicherkrankheiten in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin leitet.
Rund 6000 seltene Krankheitsbilder gibt es. Um Diagnostik und Therapie zu verbessern und weiter zu erforschen, wurde das Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen (www.uke.de/martin-zeitz-cse) 2013 im UKE gegründet. Es umfasst 15 Kompetenzzentren, in denen Betroffene interdisziplinär je nach Krankheitsbild versorgt werden; eines davon ist das Internationale Centrum für Lysosomale Speicherkrankheiten. „Hier behandeln wir Kinder und junge Erwachsene wie Amelie und Simon“, sagt Dr. Muschol. Darunter fallen etwa 60 Störungen, die auf eine Fehlfunktion bestimmter Zellorganellen – der sogenannten Lysosomen – zurückgehen. Normalerweise werden Abfallprodukte des Zellstoffwechsels wie Eiweiße, Fette oder Zucker durch Enzyme im Lysosom abgebaut. Geschieht dies nicht, staut sich der Abfall und stört den Stoffwechsel. „Die Krankheiten und Verläufe, die daraus entstehen, sind sehr unterschiedlich“, sagt die Medizinerin. Zu den möglichen Folgen gehören Hirnschädigungen, Muskelerkrankungen, angeborene Skelettfehlbildungen oder krankhafte Veränderungen an Herz oder Nieren. Manche Kinder sterben noch im ersten Lebensjahr.
„Lysosomale Speicherkrankheiten sind stets Multiorgankrankheiten“, erklärt Dr. Muschol. Ihre Patienten werden daher von einem interdisziplinären Team aus Kardiologen, Pneumologen, Orthopäden, Radiologen und Neurochirurgen behandelt. Auch in der Sprechstunde, die Dr. Muschol dreimal pro Woche anbietet, arbeitet sie Hand in Hand mit allen Spezialisten.
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